Feministischer Frauen*streik in Innsbruck

Am 9. März 2020 ruft das Aktionsbündnis Frauen*vernetzung für Begegnung und Austausch zum Feministischen Streik in Innsbruck auf.

Weltweit finden immer wieder eindrucksvolle Streiks und Aktionen von Frauen* statt. Feministische Streiks sind politische, soziale und ökonomische Proteste, die an der Arbeitsstelle, zu Hause und auf der Straße stattfinden können. Frauen*streiks haben auch in Österreich Geschichte: 1893 wurde der erste Frauen*streik, der „Streik der 700“, von der siebzehnjährigen Amalie Ryba initiiert. Den Arbeiterinnen* aus vier Appreturfabriken gelang es nach nur zwei Wochen ihre Forderungen durchzusetzen: Die Arbeitszeit wurde auf 10 Stunden pro Tag verkürzt, ein Mindestlohn bewilligt und der 1. Mai als arbeitsfreier Tag anerkannt. Ein weiterer Meilenstein im Frauen*protest wurde am 19. März 1991 gelegt, der erste internationale Streik am Weltfrauen*tag. Allein auf der Wiener Ringstraße demonstrierten rund 20.000 Frauen*. Sie forderten das Wahlrecht, das Recht auf Bildung und Arbeit, gleichen Lohn, soziale Sicherheit und Frieden. 

Auch international schlagen Frauen*streiks regelmäßig Wellen: Erst im letzten Jahr nahmen eine halbe Million Menschen am Schweizer Frauen*streik teil. Die Forderungen, die der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) am 14. Juni 2019 formulierte, umfassten eine finanzielle Aufwertung und höhere gesellschaftliche Anerkennung von Frauen*arbeit, mehr Zeit und Geld für Betreuungsarbeit (Care-Arbeit) und Bekämpfung von Sexismus und sexueller Belästigung.

Gründe für einen Frauen*streik gibt es zur Genüge: Die Frauen*-Teilzeitquote (48%) in Österreich zählt zu den höchsten in der EU, was sich in einer bis zu zwei Drittel geringeren Alterspension niederschlägt. Bei der gemeinsamen Betrachtung bezahlter und unbezahlter Arbeit wird deutlich, dass Frauen* im Durchschnitt mehr Arbeit leisten als Männer* – und unterm Strich weniger verdienen. Doch auch in anderen Lebensbereichen hat Frau*sein zahlreiche Konsequenzen: So erfahren viele Frauen* nicht nur am Arbeitsplatz sexualisierte Belästigung und Gewalt – ganz zu schweigen von den Nuancen und Grautönen der alltäglichen Unterschätzung, des Belächelns oder der Erniedrigung. Der Anteil von Frauen*morden an allen Tötungsdelikten ist in Österreich zudem der Höchste in der EU. Die Situation von rassistisch diskriminierten Frauen*, queeren Frauen*, trans* Frauen*, oder Frauen* mit Behinderung ist oftmals noch viel prekärer.

So vielfältig wie die Gründe sind auch Möglichkeiten und Formen des Streiks: In Sexstreiks, Gebärstreiks, Konsumstreiks, Lächelstreiks oder Streiks für feministische Inhalte in der Bildung wird das Unbehagen und der Widerstand gegen ökonomische und soziale Ungerechtigkeiten ausgedrückt. Neben der Lohnarbeitsniederlegung oder dem Bummelstreik könnte Frau* etwa in Hausarbeits- und Versorgungsstreik treten, die überproportional von Frauen* verrichtet wird. Noch schnell die Spülmaschine ausräumen, Abendessen vorbereiten, Kinder füttern, wickeln oder vom Kindergarten abholen, die Älteren pflegen, an die Familiengeburtstage erinnern und Geschenke besorgen? Heute nicht. Damit soll nicht nur eine soziale und gerecht geteilte Verantwortung für Sorgearbeit gefordert werden, sondern diese in ihrer gesellschaftlich notwendigen Funktion auch neu besetzt werden. Eine solche Care-Revolution würde im Dienste aller Menschen stehen. 

In Innsbruck soll der Montag nach dem Frauen*kampftag 2020 genutzt werden um eine feministische Streikkultur auch in Innsbruck anzuregen: „Gegen eine konservative, rassistische und antifeministische Politik, gegen die Ausbeutung von unbezahlter und unsichtbarer Sorgearbeit, gegen die Lohnschere, prekäre Arbeitsbedingungen, sexualisierte Gewalt, Diskriminierung und Unterdrückung! Wir wollen Gleichberechtigung und Selbstbestimmung für alle Menschen und uns nicht weiter von patriarchalen und kapitalistischen Strukturen unser Leben, unser Begehren, unser Arbeiten, unser Aussehen vorgeben lassen!“, so die Frauen*vernetzung in ihrem öffentlichen Aufruf.

Am Montag, 9. März 2020 wird das Aktionsbündnis ab 11:00 Uhr an der Annasäule mit Informationsmaterial und Redebeiträgen präsent sein. Die AEP Frauenbibliothek gestaltet eine Leseecke zum Thema Frauen*streik, der Film „Die Göttliche Ordnung“ (Petra Biondina Volpe, 2017) wird gezeigt und der Austausch zum Thema in Gesprächsrunden gesucht. Für Stimmung sorgen lokale Musikerinnen* wie etwa BAIBA oder die Sweet Janes. Im Anschluss findet um 17:00 Uhr die jährliche Demonstration zum Internationalem Frauen*tag statt. 

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