A: Könntest du uns kurz dein Leben erzählen?

N: Ich heiße Nafiye Dag, bin mit 15 nach Deutschland immigriert. Mein Vater war Gastarbeiter und hat uns, seine Familie, nach dem 1980er Putsch in der Türkei zu sich nach Deutschland geholt. Wir sind kurdisch; alevitischer Abstammung, mein ältester Bruder war in einer Linken Organisation, er wurde verhaftet. Erst mit viel Geld und Anwälten konnten wir ihn ausfindig machen. Wir hatten keine Ruhe, die Polizei hat wöchentlich eine Operation in unserem Haus durchgeführt, unsere Bücher verbrannt und uns immer wieder verletzt. So entschied mein Vater uns aus diesem Land rauszuholen. Mit 18 habe ich aufhören müssen mit meiner Lehre, da wir familiär große Schulden hatten, mein Bruder war immer noch im Gefängnis und so wechselte ich in die Fabrik, da ich dort mehr verdienen und alle Unterstützten konnte. 

A: Du bist einer der Gründerinnen des Verein Liliths, was bedeutet dieser Verein für dich?

N: Unser Ziel war es den Frauen eine Stimme zu verleihen, auch wenn wir in Europa sind, haben wir schnell bemerkt, dass wir nicht gleiche Rechte haben, dass es eine Lohnschere gibt, dass Frauen ermordet, geschlagen, missbraucht und vergewaltigt werden. Insbesondere leiden Migrantinnen unter diesen Gewaltarten extrem. Sie haben verschiedene Barrieren zum Durchbrechen und einen schweren Zugang nahe zu allem. Verein Lilith versucht diese Ungleichheiten und Ungerechtigkeit aufzuzeigen, genauso will sie die Solidarität zwischen Frauen mit oder ohne Migrationshintergrund aufbauen, aber die spezifischen Probleme der Migrantinnen forschen und versuchen dagegen anzukämpfen. Dieser Verein ist aus einer Notwendigkeit heraus entstanden, es gab einen Teil der Gesellschaft, die nicht in der Bewegung war, aber es sein sollte. Diese Art von Organisationen und Vereine sind immer noch unausweichlich, deswegen habe ich mich in dieser Organisation wiedergefunden und bin wohl am Platz.  

Unsere Arbeitsgebiete sind Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Gewalt gegen Frau, Emanzipierung der Frauen mit Migrationshintergrund, feministische Arbeit. 

Uns war und ist es immer sehr wichtig gewesen mit anderen Frauenorganisationen zu arbeiten. Deswegen ist uns die Zusammenarbeit mit der Frauenvernetzungsgruppe für Begegnung und Austausch von Anfang an sehr wichtig gewesen, da wir eine andere feministische Haltung, Toleranz und die Zusammenarbeit mit anderen Ideen, Ideologien und Arbeitsweisen sehr wichtig ist und kennengelernt haben, es bringt uns weiter und erweitert unseren Horizont auch. Wir sind seit der Gründung der Frauenvernetzungsgruppe ein Teil davon und sind stolz auf die tollen Veranstaltungen, Begegnungen und Organisationen, die wir alle zusammen zustande gebracht haben. 

A: Gibt es einen Unterschied in deinem Leben vor und nach dem Verein Lilith?

N: Davor waren mir nie diese Ungerechtigkeit zwischen Mann und Frau so klar. Nachdem ich mich organisiert habe, verstand ich das auch eine Frau ein Individuum ist, gleiche Rechte und gleichen Lohn verdienen sollte, und das Frauen marginalisiert und ausgebeutet werden. Dass das alles kein Individuelles Problem ist, sondern ein Gesellschaftliches, dass, sowie Millionen Frauen auf dieser Welt, ich auch gegen diese Gewalt und Ausbeutung angehen muss. Ich wünsche mir, dass alle Frauen für ihre Rechte sich einsetzten, eine andere Welt ist möglich. 

Frau, Leben, Freiheit
Jin, Jiyan, Azadi

E-Mail: vereinlilith@gmail.com