Evakuierung der Geflüchtetenlager in und außerhalb der EU!

Frauen*vernetzung für Begegnung und Austausch

Moria, Lesbos, Balkanroute, wir alle kennen diese Schlagworte aus den Medien. Wenn wir uns vor Augen führen, was diese Namen beinhalten, so denken wir an Hunger, Krankheit, Armut, Verzweiflung, Kälte, Grauen und Tot. Immer währende Phänomene im Rahmen bekannter und unbekannter Flüchtlingslager von Menschen, die auf eine Aufnahme in Europa, eine Aufnahme seitens der, mit dem Friedensnobelpreis gekürten EU warten. Das Warten wird hierbei zur Ewigkeit. Diese Camps bestehen weiter und Menschen sind gezwungen sich dort aufzuhalten.  

Das Camp Moria, mit dem heutigen Namen Kara Tepe ist kein Einzelfall. Es gibt zahlreiche Flüchtlingscamp auf dieser Welt, deren Namen wir nicht mal kennen, da sie sich nicht in Europa befinden.  Wir geben ihnen unterschiedliche Namen „Moria“, „Kara Tepe“, „Lipa“, wir nennen sie „Lesbos“, „Chios“, „Lampedusa“, wir nennen sie „Belgrad“, „Traiskirchen“ und „Bürgelkopf“. Es gibt hunderte Namen für hunderte Grausamkeiten. Menschen wird ihre Würde genommen. Sie fliehen vor Folter, Hunger, Mord, Gewalt und Terror, deren Verantwortung in den Händen der EU liegt. In Europa erwartet sie jedoch kein Asyl. Die EU übernimmt keine Verantwortung, denn die Gefahr vor der die Menschen geflohen sind wiederholt sich in den Flüchtlingslagern. Die EU, die sich mit Menschenrechten, Demokratie und Wohlstand schmückt, lässt Menschen vor ihren Augen im Schlamm kriechen, krank werden und sterben. Die Zustände sind schrecklich und menschenunwürdig. Diese Flüchtlingslager gibt es überall auf dieser Welt. Sie sind überall gleich entsetzlich. „Moria“ in Griechenland oder „Lipa“ in Bosnien Herzegowina sind nur einige hundert Kilometer von Österreich entfernt. Sie stehen im Kontrast zu dem europäischen Luxus und Wohlstand, was deren Zustände noch ironischer macht.

Kurz vor Weihnachten brannte in Bosnien das Flüchtlingscamp Lipa. Auch hier waren zahlreiche Menschen untergebracht, die gezwungen waren an diesem Ort zu überwintern. Das Camp war ebenfalls nur als Sommercamp ausgestattet und die Bedingungen auch dort äußerst unzureichend. Kaum Strom, Sanitäranlagen oder Anbindung an fließendes Wasser. Nun leben Über 1000 Menschen auf der Straße in einem kalten Winter an der EU Außengrenze. In Griechenland innerhalb der EU sind die Zustände gleich oder noch schlimmer.

Im Jahr 2020 hat die ganze Welt mit der Corona Pandemie zu kämpfen. Dabei werden all jene Menschen vergessen, die sich nicht in bürgerlichen Verhältnissen befinden, sondern die an den Rand der Gesellschaft gestellt werden. So auch jene Menschen, die sich auf der Flucht befinden. In einem Lager für Geflüchtete gibt es keine Möglichkeit Abstand zu halten, keine geschlossenen Shoppingmalls, oder den Verzicht auf bürgerliche Privilegien. Denn ohnehin schon Menschen unwürdige Bedingungen, werden einfach noch gefährlicher und noch prekärer.

Als Frauen*vernetzung für Begegnung und Austausch Tirol sehen wir uns als ein solidarisches politisches Forum. Wir fordern und  unterstützen feministische Anliegen. Gerade bezüglich der aktuellen Bedingungen geflüchteter Menschen an den EU Außengrenzen, aber auch innerhalb der EU sehen wir es als unbedingt notwendig ein Statement zu diesem Zustand abzugeben!

Gerade FLINT*Personen (Frauen, Lesben, Inter-, nicht binär, Trans) sind sehr oft Gewalt ausgesetzt. Das Patriachat macht kein Halt vor einem Flüchtlingslager, sondern wird von ohnehin struktureller Gewalt nochmals verdeutlicht.

Frauen* tragen Windeln, um nachts nicht alleine auf die Toilette gehen zu müssen, weil sie sonst Übergriffen ausgesetzt sind. Auch mit diesen Vorsichtsmaßnahmen ist sexualisierte Gewalt an der Tagesordnung. Kinder werden zwischen erwachsene Personen gelegt, wenn sie schlafen gehen, damit sie ein wenig mehr Schutz erfahren, falls Zelte aufgeschlitzt werden. Kinder werden vergewaltigt und im Dreck liegen gelassen. Neben all diesen Grausamkeiten stellt das tägliche Leben gerade Frauen* vor unüberwindbare Barrieren.

Mangelnde sanitäre Anlagen stellen beispielsweise ein großes medizinisches Risiko dar. Hierbei sprechen wir von nicht vorhandenen Hygieneartikeln, wie auch der Möglichkeit sich zu waschen. Speziell für schwangere Personen oder menstruierende Menschen, stellt dies ein hohes medizinisches Risiko dar. Die Camps sind überflutet, es gibt kaum Möglichkeit sich zu waschen oder zu trocknen.

Auch in den Zelten gibt es keine Schutz-, oder Rückzugsmöglichkeiten. Nicht nur alleinstehende Frauen* mit oder ohne Kinder, sondern auch Frauen*, die sich in Ehe befinden, sind hierbei einem erhöhten Gewaltrisiko ausgesetzt und  werden noch mehr in patriarchale Abhängigkeitsstrukturen gedrängt. Menschen, die vor genderbasierter Gewalt geflüchtet sind, finden in diesen Lagern keine Schutzräume, sondern sind umso mehr Gewalt ausgesetzt.

Wie auch die Stadt Innsbruck haben sich mehrere Politiker*innen dazu ausgesprochen gerade Menschen aus Lesbos aufzunehmen. Sehr genau wurden immer wieder in Zahlen gesprochen. „50 Menschen aus Lesbos“. An dieser Stelle ist es uns wichtig zu sagen, dass es sich hierbei nicht um eine Stückzahl lebloser Materialien handelt, sondern um Menschen. Menschen sind keine Ware! Sie dürfen nicht von einem Lager in ein anderes geschubst werden und wie in einer Massentierhaltung verwaltet werden.

Im Zuge des kommenden Jahres, soll auf Lesbos ein neues Lager errichtet werden. Moria 2.0? Dies kann keine Lösung sein! Genauso wenig wie angedachte Hilfe vor Ort! Wie stellt sich die österreichische Regierung eine „Kinderbetreuung“ in Lesbos vor? An welchen Orten oder unter welchen Umständen sollte eine Kinderbetreuung stattfinden. Sie schützt weder die Kinder vor ihren Rattenbissen, noch werden an dieser Stelle andere existentielle und strukturelle und vor allem sicherere Bedingungen geschaffen.

Als Frauen*vernetzung für Begegnung und Austausch Tirol fordern wir die sofortige Evakuierung von geflüchteten aus den Flüchtlingslagern an den EU Außengrenzen und innerhalb der EU. Wir fordern die sichere Unterbringung von Schutzsuchenden unter Berücksichtigung der europäischen Menschenrechtskonvention. Wir wollen keine weiteren Unterbringungen, wie Moria in Griechenland, Lipa in Bosnien, Kara Tepe oder Bürgelkopf in Tirol.

Wir wollen keine Lager, Rückkehrzentren oder Aufbewahrungsstätten, sondern sichere Räume und Rechte für Geflüchtete.

Es gibt mehr als genug Platz und mehr als genug Geld. Nicht zuletzt während der letzten Monate der Pandemie wurde sichtbar mit welchen finanziellen Mitteln Großverdiener*innen und wirtschaftliche Aktuer*innen unterstützt werden können. Angesichts dessen ist die Diskussion um die Unterbringung von geflüchteten Menschen und somit die Evakuierung aus derzeitigen Zuständen eine Ironie.

Es gibt mehr als genug Platz.  Nicht nur für 50 Menschen, sondern für sehr viele mehr!

Schulter an Schulter gegen dieses imperialistische und rassistische System, das dieses Elend produziert. Hoch die internationale Solidarität!